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Rechtliche Instrumente zur Umsetzung des Passivhausstandards

Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) definiert den energetischen Mindeststandard in Deutschland. Die Umsetzung höherer Anforderungen wie des Passivhausstandards ist Kommunen für die eigenen Liegenschaften ohne weiteres möglich. Auch kommunale Wohnungsunternehmen können von den Städten und Gemeinden dazu verpflichtet werden, neue Gebäude im Passivhausstandard zu errichten und ihren Bestand mit Passivhaus-Komponenten zu sanieren.

Für die Festsetzung dieses Standards gegenüber anderen Bauherren gibt es verschiedene bauplanungs- und privatrechtliche Möglichkeiten.

Das Baugesetzbuch (BauGB) verpflichtet die Kommunen in § 1 Abs. 5 darauf, mit ihrer Bauleitplanung die Umwelt und die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und den Klimaschutz und die Klimaanpassung zu fördern. In Absatz 6 und § 1a wird dieser Grundsatz weiter konkretisiert. Die Bauleitplanung ist für die Kommunen ein wichtiges Instrument zur nachhaltigen und energieeffizienten Ortsentwicklung und zur Umsetzung von Klimaschutz-Zielen. Beschlüsse über kommunale Klimaschutz- und Energiekonzepte können die klassische Bauleitplanung sinnvoll ergänzen und stellen auch einen guten Ausgangspunkt für einheitliche Regelungen energetischer Standards in privatrechtlichen Verträgen dar.

Rechtliche Instrumente zur Umsetzung des Passivhausstandards

Im Folgenden gewinnen Sie einen Überblick über rechtliche Instrumente und ihr Regelungspotenzial:

1. Flächennutzungsplan

Im Flächennutzungsplan als vorbereitendem Bauleitplan nach § 5 BauGB können Regelungen zu Art und Maß der baulichen Nutzung getroffen werden. Anlagen und Maßnahmen, die dem Klimaschutz oder der Klimaanpassung dienen, sind als mögliche Inhalte explizit erwähnt. Als Vorstufe zum Bebauungsplan sind die Regelungen des Flächennutzungsplans allerdings an den abschließenden Katalog des § 9 Abs 1 BauGB gebunden.

Energetische Gebäudestandards sind darin nicht enthalten. Jedoch kann u.a. durch kompakte Gebäudeformen, eine südliche Ausrichtung zur Gewinnung von Solarenergie sowie eine Vermeidung von Verschattung durch andere Gebäude oder Bepflanzung kann der Energiebedarf generell gesenkt werden. Eine hohe Baudichte kann dazu beitragen, den Flächenverbrauch zu reduzieren und steigert zugleich das Potenzial für die wirtschaftliche Umsetzung von Nahwärmenetzen.

Klimaschutzbezogene Regelungsoptionen in der nicht abschließenden Auflistung des § 5 Abs. 2 BauGB:

  • Nr. 1 Art und Maß der baulichen Nutzung
  • Nr. 2 b) Anlagen, Einrichtungen und sonstigen Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken, insbesondere für erneuerbare Energien und Kraft-Wärme-Kopplung (KWK)
  • Nr. 2 c) Anlagen, Einrichtungen und sonstigen Maßnahmen, die der Anpassung an den Klimawandel dienen
  • Nr. 3 Flächen für den Verkehr
  • Nr. 4 Versorgungsanlagen und -leitungen, z.B. für Nahwärme
  • Nr. 5 Grünflächen
  • Nr. 9 Flächen für Landwirtschaft und Wald
  • Nr. 10 Flächen zur Natur- und Landschaftspflege
2. Bebauungsplan

Der Bebauungsplan ist ein verbindlicher Bauleitplan. § 9 Abs. 1 BauGB eröffnet den Kommunen eine Reihe von Regelungsmöglichkeiten mit Klimaschutzbezug, mit denen sich auch energetische Ziele umsetzen lassen. Die Festsetzung von Gebäudestandards zählt allerdings nicht explizit dazu, weshalb nach herrschender Meinung die Festsetzung des Passivhausstandards in einem Bebauungsplan aktuell nicht rechtssicher möglich ist.

Klimaschutzbezogene Regelungsoptionen in der abschließenden Auflistung des § 9 Abs. 1 BauGB:

  • Nr. 1. Art und das Maß der baulichen Nutzung
  • Nr. 2 Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Ausrichtung der baulichen Anlagen
  • Nr. 3 Baudichte
  • Nr. 10 Freiflächen
  • Nr. 11 Flächen für (Elektro-)Mobilität
  • Nr. 12 Versorgungsflächen u.a. für Strom, Wärme oder Kälte aus Erneuerbaren Energien/ KWK
  • Nr. 13 Versorgungsanlagen und -leitungen, z.B. für Nahwärme
  • Nr. 15 Grünflächen
  • Nr. 18 Flächen für Landwirtschaft und Wald
  • Nr. 20 Natur- und Landschaftsschutz
  • Nr. 23 b) Gebiete mit Verpflichtung zu baulichen und sonstigen technischen Maßnahmen für die Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung
  • Nr. 24 von der Bebauung freizuhaltende Schutzflächen und ihre Nutzung
  • Nr. 25 Bepflanzung
3. Städtebaulicher Vertrag

Städtebauliche Verträge sind für Kommunen ein gutes Instrument, um mit Bauherren und Investoren den Passivhausstandard als energetische Anforderung zu vereinbaren. § 11 Abs. 1 BauGB nennt neben klimabezogener Infrastruktur (Nr. 4) die energetische Qualität von Gebäuden ausdrücklich als Gegenstand städtebaulicher Verträge (Nr. 5). Die Anforderungen dürfen dabei über das Energiefachrecht, z.B. das GEG, hinausgehen. Städtebauliche Verträge haben in der Regel öffentlich-rechtlichen Charakter.

Voraussetzung ist der städtebauliche Bezug. Es ist wichtig, dass die Vereinbarungen den Zielsetzungen der städtebaulichen Planungen (z. B. Baugebietsausweisungen in Bebauungsplänen) und der städtebaulichen Maßnahmen (z. B. städtebaulichen Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen) entsprechen (Ernst/ Zinkahn/ Bielenberg 2023, § 11 Rn. 165a). Die Ziele städtebaulicher Planungen können sich auch aus einem kommunalen Klimaschutz- oder Energiekonzept ergeben.

Der städtebauliche Vertrag kann folglich Festlegungen aus der Bauleitplanung für einzelne Baumaßnahmen konkretisieren und ergänzen. Oft erfolgt das in Form eines Durchführungsvertrags zu einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan (vgl. Pkt. 4). Einige Kommunen verpflichten Vorhabenträger bereits im Vorfeld zur Vorlage eines Energiekonzepts nach Maßgabe der kommunalen Vorgaben.

Wichtig ist die Absicherung der vertraglichen Vereinbarungen seitens der Gemeinde, also die Definition von Sanktionen bei Nichterfüllung. Eine Verknüpfung mit der Genehmigungserteilung oder dem gemeindlichen Einvernehmen im Baugenehmigungsverfahren ist nicht möglich, weil die vertraglichen Verpflichtungen nicht Gegenstand der Genehmigungsprüfung sind (Battis/ Krautzberger/ Löhr 2019, § 11 Rn. 65). Neben Vertragsstrafen kommen zur Absicherung städtebaulicher Verträge weitere Möglichkeiten in Betracht (vgl. Battis/ Krautzberger/ Löhr 2019, § 11 Rn. 67-71).

Als Nachweis der Planung und Umsetzung des Passivhausstandards wird in der Regel die Vorlage von Berechnungen nach dem Passivhaus-Projektierungspaket (PHPP) des Passivhausinstituts Darmstadt sowie einer Passivhauszertifizierung verlangt. Der Passivhausstandard hat hier den zusätzlichen Vorteil einer etablierten sehr genauen Berechnungs- und Nachweismethode mit hoher Validität.

Der Charakter des städtebaulichen Vertrags als direkte Vereinbarung mit einem Eigentümer oder Investor beschreibt zugleich die Nachteile dieses Instruments. So sind Vertragsverhandlungen für einzelne Vorhaben erforderlich, einseitige Festlegungen der Gemeinde gegenüber Bauherren sind nicht möglich. Auf Grund der Komplexität der zu treffenden Regelungen sind besonders kleinere Gemeinden teils auf juristische Unterstützung angewiesen.

Interessante Beispiele für energetische Anforderungen in städtebaulichen Verträgen aus der kommunalen Praxis zeigt die difu-Publikation „Klimaschutz in der verbindlichen Bauleitplanung“ (S. 24-27).

4. Vorhabenbezogener Bebauungsplan

Der vorhabenbezogene Bebauungsplan nach § 12 BauGB regelt auf der Grundlage eines vom Vorhabenträger mit der Gemeinde abgestimmten Vorhaben- und Erschließungsplans und eines mit dem Vorhabenträger abgeschlossenen Durchführungsvertrags die Zulässigkeit von Bauvorhaben. Bei dem Durchführungsvertrag handelt es sich um eine Form des städtebaulichen Vertrags (vgl. Punkt 3). Der vorhabenbezogene Bebauungsplan mit dem Vorhaben- und Erschließungsplan wird nach dem Abschluss des Durchführungsvertrags von der Gemeinde als Satzung beschlossen.

Die Gemeinde ist bei den Festlegungen des Vorhaben- und Erschließungsplans gemäß § 12 Abs. 3 BauGB nicht an die Festsetzungen des § 9 BauGB gebunden. Es können also weitergehende Regelungen als in einem Bebauungsplan getroffen werden. Die Verpflichtung des Vorhabenträgers auf den Passivhausstandard ist möglich. Für den Fall der Nichteinhaltung können über den Durchführungsvertrag als Sanktion u.a. Vertragsstrafen vereinbart werden. Die Stadt Heidelberg hat einen entsprechenden Musterdurchführungsvertrag zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan veröffentlicht (S. 118).

5. Privatrechtlicher Vertrag
Wenn Kommunen eigene Grundstücke zum Zweck der Bebauung verkaufen, verpachten oder vermieten, können sie nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit in privatrechtlichen Verträgen Vereinbarungen zum energetischen Standard der Gebäude treffen. Auch auf diesem Weg kann der Passivhausstandard umgesetzt werden. Wichtig ist es auch hier, Festlegungen zum Nachweis durch die Bauherren zu treffen und die Nachweispflicht beispielsweise über Vertragsstrafen abzusichern. Die Grenzen von energetischen Anforderungen in privatrechtlichen Verträgen liegen in einer möglicherweise geringeren Nachfrage und der damit verbundenen schlechteren Vermarktbarkeit.
6. Örtliche Bauvorschriften nach der jeweiligen Landesbauordnung
Die Bauordnungen der Länder eröffnen Kommunen die Möglichkeit zum Erlass von Satzungen mit baugestalterischen Regelungen. Denkbar sind beispielsweise Festlegungen zu Dachform und Dachneigung, Gaupen und anderen Zergliederungen des Baukörpers sowie zu Materialien für die Dachdeckung. Auch wenn der Klimaschutz nicht im Vordergrund steht, kann auf diese Weise beispielsweise mit der expliziten Zulassung von Photovoltaik- und Solarthermieanlagen und der Regelung der Dachgestaltung die Nutzung erneuerbarer Energien gefördert werden. Die Festsetzung energetischer Standards wie des Passivhausstandards ist auf diesem bauordnungsrechtlichen Weg nicht möglich.

Alternativen zu rechtlichen Instrumenten

Ergänzend oder alternativ zu rechtlichen Festsetzungen arbeiten viele Kommunen mit Beratungs- und Förderangeboten für Bauherren, um für den Passivhausstandard zu werben. Erfahren Sie mehr zur Förderung.

Quellen:

  • Battis/ Krautzberger/ Löhr (2019): Baugesetzbuch. Kommentar, 14. Auflage, München.
  • Bayerisches Landesamt für Umwelt: Klimaschutz in der Bauleitplanung, online verfügbar (letzter Abruf 10.11.2023).
  • Deutsches Institut für Urbanistik (2017): Klimaschutz in der verbindlichen Bauleitplanung, online verfügbar (letzter Abruf 10.11.2023).
  • Ernst/ Zinkahn/ Bielenberg: Baugesetzbuch. Kommentar, Band II, Loseblattwerk Stand 1. Mai 2023, München.
  • Landratsamt Bodenseekreis (2016): Arbeitspapier „Energetische Empfehlungen für die Bauleitplanung“ mit Checkliste für den städtebaulichen Vorentwurf (S. 10), online verfügbar (letzter Abruf 15.11.2023).
Bildnachweis: Pixelio Tim Reckmann.